17.08.2011

Gelassenheit ist Luxus



Im Lichte der Ereignisse der letzten Tage und Wochen an den Börsen bleibt einem die Logik im Gehirn stecken. So sehr man sich auch bemüht, einige Vorkommnisse passen so gar nicht ins Bild kausaler Zusammenhänge. Zumindest nicht in jene, die uns lautstark als Ursache vorgegeben werden: Das Downgrading der USA löst einen kapitalen Kurssturz aus und löscht so mirnix dirnix ein paar Billionen Marktkapitalisierung aus? Dagegen steigen die US-Staatsanleihen, weil „Save Haven“, eh klar? Die USA fürchten sich vor dem Double Dip und der Rest der Welt, angeführt von Europa bricht ein? Die Bank of Amerika holt sich klammheimlich 70 Mrd. Dollar von der Fed und dafür kreist der Rumour SocGen sei pleite? In welchem Theater sitzen wir eigentlich? Ist der Regisseur schon bereits dermassen abgehoben, dass ihm der logische Zusammenhang bereits egal ist… oder ist er in Wirklichkeit egal?

Meine persönliche Vermutung ist, dass sich Fiktion und Wahrheit die Hand geben und den bitteren Cocktail gemischt haben. Downgrading und Rezession ist Fiktion, vermutlich ist eher ein grösseres Derivatepaket aus dem Ruder gelaufen und hat, gemischt mit Highspeedtrading, andere „Gamma-Bomben“ mitgerissen. Die andere Hälfte, die Wahrheit, schmeckt leider auch bitter, sie ist nämlich in der europäischen Lähmung, insbesondere bezüglich des Kapitalmarktverständnisses, vorhanden. Zu ignorieren, dass schon längst über die effizienteste Waffe, nämlich den Nadelstich zunehmend ineffizienter werdender europäischer Kapitalmärkte die europäischen Regierungen mehr und mehr in die eigens gewählte Refinanzierungs-Sackgasse gedrängt werden ist unverantwortlich. Nahezu sämtliche ­rettenden Hände werden konsequent abgeschlagen: Privatinvestoren mit Steuer­ungetümen verschreckt, institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Versicherungen mit unfassbar arroganten Regularien wie Solvency II von jeglichem Risikoinvestment ausgeschlossen, die Banken durch den „Haferbrei“ der Notenbanken von ihrem angestammten Kreditgeschäft entwöhnt und die Fondsgesellschaften mit abstrusen Kontroll- und Bürokratieerfordernissen in operativen Lawinen erstickt. Hauptsache unsere „Helden der Staatsrettung“ dürfen sich einmal im Monat auf irgendwelchen Krisensitzungen treffen und die Steuergelder wieder mal als Garantien verplaudern.
Anstatt zu erkennen, dass das Mutterland des Kapitalismus, die USA, schon längst die Hosen voll hat vor einer geeinten EU und deshalb alles daran setzt eine solche mit lauteren und unlauteren Mitteln zu blockieren und zu brechen, setzt man munter weiter drauf, dass sich schon alles von alleine regeln wird.

Dass eine solche Arroganz sich allein auf das Steueraufkommen und damit das Funktionieren des privaten Konsums und der Investitionslust stützt, dürfte niemand erkennen, sonst würde man sich doch schon längst über Investitionsanreize, Lockerung unsinniger Regularien und Schaffen neuer Perspektiven Gedanken machen.

Allein die Tatsache, dass jetzt erst (!) über die Regulierung von Credit Default Swaps auf Euro-Staaten nachgedacht wird, ist doch ein Offenbarungseid. Über ein Jahr, nachdem die halbe Welt Griechenland, Portugal und Irland mit Hilfe dieser Instrumente durch die Hölle geschickt hat, beginnt man nachzudenken, ob das alles so gut ist? Wie viel Zeit haben wir denn überhaupt? Wie egal muss es uns denn sein, wenn wir die Glaubwürdigkeit im globalen Investmentkreislauf aufs Spiel setzen und zunehmend verlieren? Wer täglich in diesen Kapitalmärkten lebt und sich mit Gedanken an Wertsteigerung befasst weiss wie wichtig Glaubwürdigkeit ist und wie lange es braucht, solche zu erlangen. Sie zu verlieren ist des Gegners erstes Ziel. Sie zu bewahren, der Garant für Stabilität und Wachstum. Um diesem Ziel zu entsprechen ist gedankliche Distanz manchmal notwendig, aber Aufmerksamkeit ein Muss. Gelassenheit bleibt Luxus.



17.08.2011

Gelassenheit ist Luxus



Im Lichte der Ereignisse der letzten Tage und Wochen an den Börsen bleibt einem die Logik im Gehirn stecken. So sehr man sich auch bemüht, einige Vorkommnisse passen so gar nicht ins Bild kausaler Zusammenhänge. Zumindest nicht in jene, die uns lautstark als Ursache vorgegeben werden: Das Downgrading der USA löst einen kapitalen Kurssturz aus und löscht so mirnix dirnix ein paar Billionen Marktkapitalisierung aus? Dagegen steigen die US-Staatsanleihen, weil „Save Haven“, eh klar? Die USA fürchten sich vor dem Double Dip und der Rest der Welt, angeführt von Europa bricht ein? Die Bank of Amerika holt sich klammheimlich 70 Mrd. Dollar von der Fed und dafür kreist der Rumour SocGen sei pleite? In welchem Theater sitzen wir eigentlich? Ist der Regisseur schon bereits dermassen abgehoben, dass ihm der logische Zusammenhang bereits egal ist… oder ist er in Wirklichkeit egal?

Meine persönliche Vermutung ist, dass sich Fiktion und Wahrheit die Hand geben und den bitteren Cocktail gemischt haben. Downgrading und Rezession ist Fiktion, vermutlich ist eher ein grösseres Derivatepaket aus dem Ruder gelaufen und hat, gemischt mit Highspeedtrading, andere „Gamma-Bomben“ mitgerissen. Die andere Hälfte, die Wahrheit, schmeckt leider auch bitter, sie ist nämlich in der europäischen Lähmung, insbesondere bezüglich des Kapitalmarktverständnisses, vorhanden. Zu ignorieren, dass schon längst über die effizienteste Waffe, nämlich den Nadelstich zunehmend ineffizienter werdender europäischer Kapitalmärkte die europäischen Regierungen mehr und mehr in die eigens gewählte Refinanzierungs-Sackgasse gedrängt werden ist unverantwortlich. Nahezu sämtliche ­rettenden Hände werden konsequent abgeschlagen: Privatinvestoren mit Steuer­ungetümen verschreckt, institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Versicherungen mit unfassbar arroganten Regularien wie Solvency II von jeglichem Risikoinvestment ausgeschlossen, die Banken durch den „Haferbrei“ der Notenbanken von ihrem angestammten Kreditgeschäft entwöhnt und die Fondsgesellschaften mit abstrusen Kontroll- und Bürokratieerfordernissen in operativen Lawinen erstickt. Hauptsache unsere „Helden der Staatsrettung“ dürfen sich einmal im Monat auf irgendwelchen Krisensitzungen treffen und die Steuergelder wieder mal als Garantien verplaudern.
Anstatt zu erkennen, dass das Mutterland des Kapitalismus, die USA, schon längst die Hosen voll hat vor einer geeinten EU und deshalb alles daran setzt eine solche mit lauteren und unlauteren Mitteln zu blockieren und zu brechen, setzt man munter weiter drauf, dass sich schon alles von alleine regeln wird.

Dass eine solche Arroganz sich allein auf das Steueraufkommen und damit das Funktionieren des privaten Konsums und der Investitionslust stützt, dürfte niemand erkennen, sonst würde man sich doch schon längst über Investitionsanreize, Lockerung unsinniger Regularien und Schaffen neuer Perspektiven Gedanken machen.

Allein die Tatsache, dass jetzt erst (!) über die Regulierung von Credit Default Swaps auf Euro-Staaten nachgedacht wird, ist doch ein Offenbarungseid. Über ein Jahr, nachdem die halbe Welt Griechenland, Portugal und Irland mit Hilfe dieser Instrumente durch die Hölle geschickt hat, beginnt man nachzudenken, ob das alles so gut ist? Wie viel Zeit haben wir denn überhaupt? Wie egal muss es uns denn sein, wenn wir die Glaubwürdigkeit im globalen Investmentkreislauf aufs Spiel setzen und zunehmend verlieren? Wer täglich in diesen Kapitalmärkten lebt und sich mit Gedanken an Wertsteigerung befasst weiss wie wichtig Glaubwürdigkeit ist und wie lange es braucht, solche zu erlangen. Sie zu verlieren ist des Gegners erstes Ziel. Sie zu bewahren, der Garant für Stabilität und Wachstum. Um diesem Ziel zu entsprechen ist gedankliche Distanz manchmal notwendig, aber Aufmerksamkeit ein Muss. Gelassenheit bleibt Luxus.