29.01.2019

Carmageddon liegt in Europa bald hinter uns



Wenn es einen Sektor am Globus gibt, der in den letzten Jahren die Einleitung eines strukturellen Wandels erfahren hat, dann ist das mit Sicherheit der Automobilsektor. Beginnend mit der öffentlichen Erkenntnis, dass die Ergebnisse von Abgastests doch nicht der Realität entsprechen bis hin zur Entwicklung futuristischer Konzepte allein fahrender Autos die gerade noch nicht fliegen können. Die Branche musste sich anpassen, sie wird sich ändern. Die Fragen, die sich hierbei alle Unternehmen, Politiker und Kunden stellen, sind: Wohin wird die Reise gehen? Wer wird da mitspielen? Wer wird dabei gewinnen, wer verlieren? Mittlerweile bewegt sich Mehr als zuletzt, the industry is moving.

Im Jänner wurden die EU-Auto-Absatzzahlen für 2018 präsentiert. Und da sieht es oberflächlich nach einem Stillstand aus. Gerade 0,1% stiegen die Neuzulassungen im vergangenen Jahr. Das Abenteuer liegt aber im Detail, denn ab September fielen die davor recht guten Zahlen dramatisch. Der neue Zulassungsprozess WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) schuf Hürden die keiner so locker überspringen konnte. Eine komplette Industrie beim Nachsitzen in der Abgasbox vom TÜV. Und ganz nach dem Motto „wer bremst verliert“ bilden sich auf Basis der Enttäuschung der letzten Monate bereits die Aktivitäten, die aus diesem Prozess wieder heraus ins Wachstum führen sollen.

Wie Schüler, die beim Schummeln ertappt wurden, hatten die großen OEMs (Original Equipment Manufacturer) die letzten Jahre alles nur getan um nicht aufzufallen. Den Behörden wurde eilfertig gehorcht, selbst völlig absurde Annahmen wurden widerspruchslos der Politik abgenommen. Pönalen wurden gezahlt, weit in die Zukunft reichende Versprechen gemacht, versucht jedem Bewusstsein von Öko bis Eco zu genügen. Träger dieser Fantasien sind die verschiedenen potentiellen Antriebsvarianten. Von Elektro, über Wasserstoff, über Erdgas bis zurück zu den „alten“ Benzinern und Dieselfahrzeugen. Damit jeweils verbundene Veränderungen bei Infrastruktur, Logistik, Marketing und Regulativ, sind alle noch im Konjunktiv, wirken sehr oft nicht logisch, werden aber mit Wonne der Zukunftsperspektive einer neuen Automobilwelt, wo alle darin nur mehr glücklich sind, hinzuaddiert. Der Traum vom selbstfahrenden Auto ist so eine Vision.

Quasi wie die Aufgabe, gegenüber einer nicht belehrbaren Politik und physikalisch kaum zu bewältigenden Versorgungsproblemen zu agieren, haben inzwischen industrielle Prozesse begonnen sichtbar zu werden, die man nicht mehr so einfach stoppen kann. Die großen OEMs haben ihre Budgets veröffentlicht mit denen sie sich auf das neue Zeitalter einstellen wollen. Und da geht’s einmal richtig zur Sache. VW will für „neue Antriebe“ 20 Mrd. Euro reservieren, Daimler zumindest dieselbe Summe und BMW hat zwar noch nichts Konkretes gesagt, aber die werden sich sicher auch nicht lumpen lassen. Gleichzeitig gibt es Ankündigungen für Zusammenschlüsse bei einzelnen Projekten. VW will mit Ford über Pickups reden, Daimler ist mit BMW im Selbstfahr-Bett. Parallel dazu meldet Toyota eine Allianz mit Panasonic in der Batterieproduktion und Samsung ist mit der Mega-Batteriefabrik in Ungarn ebenso bereits in der Zielgeraden. Selbst österreichische Industrielle tönten zuletzt, mit Milliardenprojekten das europäische (Auto?)-Batteriewesen grundlegend aufmischen zu wollen.

Die Angst geht um, in einem globalen Elektro-Auto-Bewerb den chinesischen Herstellern unterlegen zu sein. Logisch, denn wenn es nur mehr ums billige produzieren von Elektromotoren, Batterien und Chassis geht, ist China fast unschlagbar. Selbst das im neuen Automobilzeitalter zum wichtigsten Kaufmotiv aufsteigende Wohlfühlerlebnis ist chinesisch gefährdet, weil auch die Video- und Unterhaltungselektronik mehr und mehr aus Asien kommt und Design kein europäisches Mascherl mehr hat. Die USA hingegen konzentriert sich auf Image (Tesla), Selbstfahren (Google) und ebenso Unterhaltung (Walt Disney und Netflix). Zuletzt kommen noch die großen Telekoms ins Spiel, die ja den ganzen Zauber überwachen, wenn nicht gar die Netze für die Steuerung liefern sollen.

Ein globaler Prozess also, der die angestammten Spieler aus ihren festgefahrenen Marktanteilen herausbrechen kann. Umso wichtiger, hier Flagge zu zeigen und aktiv mitzumischen. So wie Porsche intensiv daran arbeitet, das Image Teslas als effizientestes Elektroauto in Kombination mit dem Image einer Luxusmarke zu überholen, genauso wollen die großen OEMs Alternativen anbieten, die auch den Namen verdienen. Nachhaltiger Gesichtsverlust die wahre Bedrohung. Profiterosion käme danach. Auch wenn die OEMs sich in den letzten Jahren so oft ungeschickt oder arrogant verhalten haben, dumm sind sie nicht. Watch out. Ein Sektor bewegt sich.



29.01.2019

Carmageddon liegt in Europa bald hinter uns



Wenn es einen Sektor am Globus gibt, der in den letzten Jahren die Einleitung eines strukturellen Wandels erfahren hat, dann ist das mit Sicherheit der Automobilsektor. Beginnend mit der öffentlichen Erkenntnis, dass die Ergebnisse von Abgastests doch nicht der Realität entsprechen bis hin zur Entwicklung futuristischer Konzepte allein fahrender Autos die gerade noch nicht fliegen können. Die Branche musste sich anpassen, sie wird sich ändern. Die Fragen, die sich hierbei alle Unternehmen, Politiker und Kunden stellen, sind: Wohin wird die Reise gehen? Wer wird da mitspielen? Wer wird dabei gewinnen, wer verlieren? Mittlerweile bewegt sich Mehr als zuletzt, the industry is moving.

Im Jänner wurden die EU-Auto-Absatzzahlen für 2018 präsentiert. Und da sieht es oberflächlich nach einem Stillstand aus. Gerade 0,1% stiegen die Neuzulassungen im vergangenen Jahr. Das Abenteuer liegt aber im Detail, denn ab September fielen die davor recht guten Zahlen dramatisch. Der neue Zulassungsprozess WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) schuf Hürden die keiner so locker überspringen konnte. Eine komplette Industrie beim Nachsitzen in der Abgasbox vom TÜV. Und ganz nach dem Motto „wer bremst verliert“ bilden sich auf Basis der Enttäuschung der letzten Monate bereits die Aktivitäten, die aus diesem Prozess wieder heraus ins Wachstum führen sollen.

Wie Schüler, die beim Schummeln ertappt wurden, hatten die großen OEMs (Original Equipment Manufacturer) die letzten Jahre alles nur getan um nicht aufzufallen. Den Behörden wurde eilfertig gehorcht, selbst völlig absurde Annahmen wurden widerspruchslos der Politik abgenommen. Pönalen wurden gezahlt, weit in die Zukunft reichende Versprechen gemacht, versucht jedem Bewusstsein von Öko bis Eco zu genügen. Träger dieser Fantasien sind die verschiedenen potentiellen Antriebsvarianten. Von Elektro, über Wasserstoff, über Erdgas bis zurück zu den „alten“ Benzinern und Dieselfahrzeugen. Damit jeweils verbundene Veränderungen bei Infrastruktur, Logistik, Marketing und Regulativ, sind alle noch im Konjunktiv, wirken sehr oft nicht logisch, werden aber mit Wonne der Zukunftsperspektive einer neuen Automobilwelt, wo alle darin nur mehr glücklich sind, hinzuaddiert. Der Traum vom selbstfahrenden Auto ist so eine Vision.

Quasi wie die Aufgabe, gegenüber einer nicht belehrbaren Politik und physikalisch kaum zu bewältigenden Versorgungsproblemen zu agieren, haben inzwischen industrielle Prozesse begonnen sichtbar zu werden, die man nicht mehr so einfach stoppen kann. Die großen OEMs haben ihre Budgets veröffentlicht mit denen sie sich auf das neue Zeitalter einstellen wollen. Und da geht’s einmal richtig zur Sache. VW will für „neue Antriebe“ 20 Mrd. Euro reservieren, Daimler zumindest dieselbe Summe und BMW hat zwar noch nichts Konkretes gesagt, aber die werden sich sicher auch nicht lumpen lassen. Gleichzeitig gibt es Ankündigungen für Zusammenschlüsse bei einzelnen Projekten. VW will mit Ford über Pickups reden, Daimler ist mit BMW im Selbstfahr-Bett. Parallel dazu meldet Toyota eine Allianz mit Panasonic in der Batterieproduktion und Samsung ist mit der Mega-Batteriefabrik in Ungarn ebenso bereits in der Zielgeraden. Selbst österreichische Industrielle tönten zuletzt, mit Milliardenprojekten das europäische (Auto?)-Batteriewesen grundlegend aufmischen zu wollen.

Die Angst geht um, in einem globalen Elektro-Auto-Bewerb den chinesischen Herstellern unterlegen zu sein. Logisch, denn wenn es nur mehr ums billige produzieren von Elektromotoren, Batterien und Chassis geht, ist China fast unschlagbar. Selbst das im neuen Automobilzeitalter zum wichtigsten Kaufmotiv aufsteigende Wohlfühlerlebnis ist chinesisch gefährdet, weil auch die Video- und Unterhaltungselektronik mehr und mehr aus Asien kommt und Design kein europäisches Mascherl mehr hat. Die USA hingegen konzentriert sich auf Image (Tesla), Selbstfahren (Google) und ebenso Unterhaltung (Walt Disney und Netflix). Zuletzt kommen noch die großen Telekoms ins Spiel, die ja den ganzen Zauber überwachen, wenn nicht gar die Netze für die Steuerung liefern sollen.

Ein globaler Prozess also, der die angestammten Spieler aus ihren festgefahrenen Marktanteilen herausbrechen kann. Umso wichtiger, hier Flagge zu zeigen und aktiv mitzumischen. So wie Porsche intensiv daran arbeitet, das Image Teslas als effizientestes Elektroauto in Kombination mit dem Image einer Luxusmarke zu überholen, genauso wollen die großen OEMs Alternativen anbieten, die auch den Namen verdienen. Nachhaltiger Gesichtsverlust die wahre Bedrohung. Profiterosion käme danach. Auch wenn die OEMs sich in den letzten Jahren so oft ungeschickt oder arrogant verhalten haben, dumm sind sie nicht. Watch out. Ein Sektor bewegt sich.