04.08.2009

Deflation und die Fallstricke der Wahrnehmung



Mit dem zweiten Quartal ist Euroland in Deflation. Mit -0,1% p.a. wurde ein Wert erreicht, der zuletzt 1987 vermerkt wurde. Davor gab es noch 1953 und 1950 Minus-Preiswachstum. Es war der Rückgang der Spritpreise, der hauptverantwortlich dafür war. Sagt man (warum der horrende Anstieg der Benzinpreise davor nicht eine massive Inflation auslöste wird dzt. nicht erläutert). Auffällt in diesem Zusammenhang, dass die Spritpreise im Schnitt um 30% nachgegeben haben, Heizöl aber bis zu 50% (Gas und Strom ist für uns Konsumenten dagegen noch immer teurer als letztes Jahr). Dafür ist der Spotpreis von Erdgas heuer bereits um 31% gefallen (seit einem Jahr um 70%!). Schuld liegt in der schwachen industriellen Nachfrage, die die Läger voll hält und die Forward-Käufe riskanter macht. Auch Lebensmittel wurden geringfügig billiger.

Zwar ist die Inflation ohne Energie und Nahrung dann wieder deutlich im Plus, aber ohne wirtschaftliche Erholung bleibt der Teuerungsdruck gering. Soweit der wirtschaftliche Aspekt der Inflation. Beim finanziellen Aspekt spielt die Geldmenge nicht mehr lange mit. Der finanzielle Aspekt Die Euroland Geldmenge lag zuletzt bei unter 4%! Vor allem deshalb, weil die Banken enorm restriktiv in der Kreditvergabe vorgehen. Kein Wunder, wenn gleichzeitig die EZB nach wie vor Unmengen an Geld in den Bankenmarkt schüttet (Allein im Juli wurden 442 Mrd. Euro zu 1% auf ein Jahr an Banken gegeben). Diese Geldbasis muss irgendwann einmal sorgfältig zurückgeführt werden, sonst droht ein echter Inflations-Gau, neben einem erneuten Aufflammen der Finanzkrise! Denn mit „Krediten“ wie diesen werden margenträchtigere Investments provoziert, die „reale“ Gewinne nach sich ziehen und zusätzlich wird das Bewusstsein für Risiko reduziert. Greenspan weiss wie´s geht.

Die letzte Halbjahreskonferenz der Erste Bank sei hier beispielhaft erwähnt: tolle Ergebnisse, deutlich über den Erwartungen, alles im Plus: Betriebsergebnis, Zinsspanne (kein Wunder bei der Refinanzierungsbasis), Geldeinlagen („weil sicherer ist besserer“) und, ja genau, Kreditvolumen!!!

Inmitten der selbst kommentierten „grössten Rezession seit sehr langer Zeit“ steigen die Kredite!!! Bei Privat und bei Grosskunden. Das kommt mir irgendwie unmöglich vor. Wie kann das sein, wenn doch die Geldmenge überall fällt, weil man weniger Kredit vergibt, wenn die Inflation aufgrund des sinkenden Konsumniveaus nicht aufkommt, wenn das Sicherheitssparen die Kunden selbst bei homöopathischen Sparbuchzinsen beruhigt lächeln lässt, und wenn man selbst betont, die Kreditvergabe restriktiver an Sicherheiten und Zahlungsfähigkeit zu knüpfen, bei gleichzeitigem Finanz-Horror in CEE?

Spontan möchte ich fast aufspringen und mit einem lauten „Bravo!“ meiner Begeisterung ob dieser unglaublichen Leistung Ausdruck verleihen, diesen Spagat zwischen Rezession und Wachstum, zwischen Wunschkunden und Realität, so toll gemeistert zu haben! Aber meine inzwischen 28 Jahre Finanzmarkterfahrung zwingen mich, nochmals ein wenig darüber nachzudenken - und je länger ich nachdenke umso mehr bleibt mir das „Bravo!“ im Halse stecken.



04.08.2009

Deflation und die Fallstricke der Wahrnehmung



Mit dem zweiten Quartal ist Euroland in Deflation. Mit -0,1% p.a. wurde ein Wert erreicht, der zuletzt 1987 vermerkt wurde. Davor gab es noch 1953 und 1950 Minus-Preiswachstum. Es war der Rückgang der Spritpreise, der hauptverantwortlich dafür war. Sagt man (warum der horrende Anstieg der Benzinpreise davor nicht eine massive Inflation auslöste wird dzt. nicht erläutert). Auffällt in diesem Zusammenhang, dass die Spritpreise im Schnitt um 30% nachgegeben haben, Heizöl aber bis zu 50% (Gas und Strom ist für uns Konsumenten dagegen noch immer teurer als letztes Jahr). Dafür ist der Spotpreis von Erdgas heuer bereits um 31% gefallen (seit einem Jahr um 70%!). Schuld liegt in der schwachen industriellen Nachfrage, die die Läger voll hält und die Forward-Käufe riskanter macht. Auch Lebensmittel wurden geringfügig billiger.

Zwar ist die Inflation ohne Energie und Nahrung dann wieder deutlich im Plus, aber ohne wirtschaftliche Erholung bleibt der Teuerungsdruck gering. Soweit der wirtschaftliche Aspekt der Inflation. Beim finanziellen Aspekt spielt die Geldmenge nicht mehr lange mit. Der finanzielle Aspekt Die Euroland Geldmenge lag zuletzt bei unter 4%! Vor allem deshalb, weil die Banken enorm restriktiv in der Kreditvergabe vorgehen. Kein Wunder, wenn gleichzeitig die EZB nach wie vor Unmengen an Geld in den Bankenmarkt schüttet (Allein im Juli wurden 442 Mrd. Euro zu 1% auf ein Jahr an Banken gegeben). Diese Geldbasis muss irgendwann einmal sorgfältig zurückgeführt werden, sonst droht ein echter Inflations-Gau, neben einem erneuten Aufflammen der Finanzkrise! Denn mit „Krediten“ wie diesen werden margenträchtigere Investments provoziert, die „reale“ Gewinne nach sich ziehen und zusätzlich wird das Bewusstsein für Risiko reduziert. Greenspan weiss wie´s geht.

Die letzte Halbjahreskonferenz der Erste Bank sei hier beispielhaft erwähnt: tolle Ergebnisse, deutlich über den Erwartungen, alles im Plus: Betriebsergebnis, Zinsspanne (kein Wunder bei der Refinanzierungsbasis), Geldeinlagen („weil sicherer ist besserer“) und, ja genau, Kreditvolumen!!!

Inmitten der selbst kommentierten „grössten Rezession seit sehr langer Zeit“ steigen die Kredite!!! Bei Privat und bei Grosskunden. Das kommt mir irgendwie unmöglich vor. Wie kann das sein, wenn doch die Geldmenge überall fällt, weil man weniger Kredit vergibt, wenn die Inflation aufgrund des sinkenden Konsumniveaus nicht aufkommt, wenn das Sicherheitssparen die Kunden selbst bei homöopathischen Sparbuchzinsen beruhigt lächeln lässt, und wenn man selbst betont, die Kreditvergabe restriktiver an Sicherheiten und Zahlungsfähigkeit zu knüpfen, bei gleichzeitigem Finanz-Horror in CEE?

Spontan möchte ich fast aufspringen und mit einem lauten „Bravo!“ meiner Begeisterung ob dieser unglaublichen Leistung Ausdruck verleihen, diesen Spagat zwischen Rezession und Wachstum, zwischen Wunschkunden und Realität, so toll gemeistert zu haben! Aber meine inzwischen 28 Jahre Finanzmarkterfahrung zwingen mich, nochmals ein wenig darüber nachzudenken - und je länger ich nachdenke umso mehr bleibt mir das „Bravo!“ im Halse stecken.